Weiterentwicklung des Übertrittsverfahrens – zwischen Katastrophe und Gelassenheit
Es war zu erwarten, dass noch etwas kommen wird: Nachdem kurz vor den Sommerferien Schulleiter und Beratungslehrer mit einem KMS zur „Weiterentwicklung des Übertrittsverfahrens“ – positiv formuliert – überrascht worden waren, in dem das Staatsministerium verlauten ließ, dass die Beratungslehrer an Gymnasien und Realschulen zukünftig als Übertrittscoaches tätig würden und die Grundschulen die Übertrittelternabend früher ansetzen müssten, kam am 22.1.2020 die nächste Überraschung: Es wurde „die Möglichkeit für Erziehungsberechtigte geschaffen, auf Wunsch an der jeweiligen Grundschule einen zusätzlichen Beratungstermin mit einer Beratungslehrkraft einer aufnehmenden Schule wahrzunehmen.“ Weiter heißt es: „Darauf sollen die Erziehungsberechtigten mit der Aushändigung der Zwischeninformation zum Leistungsstand in der 4. Jahrgangsstufe hingewiesen werden.“ (Siehe Anhang)
Die Reaktionen darauf waren ganz unterschiedlich: Schon am 23. kam es zum Szenario „Katastrophe“: Schulleiter würden, so hieß es, die Sache pragmatisch angehen, den Anmeldebogen einfach an die Zwischeninformation heften, den die Eltern überfliegen und auf dem sie, weil sie nicht wissen, ob eine „zusätzliche Beratung“ auch eine freiwillige Beratung ist, spontan etwas ankreuzen. Das würde unweigerlich zu einer Überlastung der Kollegen in München und Nürnberg führen, die, weil es dort nur wenige staatliche Realschulen und Gymnasien gibt, aber umso mehr Grundschulen, von beratungswilligen Eltern überrannt würden. Soweit der Worst Case.
Oder das etwas jüngere Szenario „Gelassenheit“: Die Zwischeninformation wird ausgeteilt, parallel dazu werden die Eltern entweder elektronisch (ESIS) oder schriftlich darüber informiert, dass die Klassenlehrer(innen) zu einem Beratungsgespräch ebenso zur Verfügung stehen wie die Übertrittscoaches der weiterführenden Schulen („Darauf sollen die Erziehungsberechtigten … hingewiesen werden“). Kommen die Eltern dann zur Klassenlehrerin, weist diese jene noch auf das zusätzliche und freiwillige Angebot hin und händigt ihnen, wenn sie es in Anspruch nehmen wollen, das Formular (Siehe Anhang) aus. Dann erst kommen die Übertrittscoaches ins Spiel.
Sicherlich wird auch beim zweiten Modell die Arbeitsbelastung der Großstadtkollegen höher sein als die der Beratungslehrer in der Provinz. Dennoch würde es die Beratungsanfragen deutlich reduzieren. Es ist nun an unseren Grundschulkollegen, im Sinn der Solidarität und der Entlastung besorgter Eltern mit ihren Schulleiter(innen) zu reden und sie auf das Modell „Gelassenheit“ hinzuweisen.
2 Comments
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Christian Feja
Das Leben wird einfacher, wenn man an das Gute glaubt. Folglich sollten wir den Kollegen am Ministerium nicht unterstellen, dass das erste Übertritts-KMS bewusst kurz vor den Sommerferien und das zweite bewusst zwei Tage vor der Aushändigung der Zwischeninformation in der 4. Jahrgangsstufe verschickt wurden, so dass in beiden Fällen für eine angemessene Reaktion keine Zeit war. Nein, das unterstellen wir ihnen nicht.
Aber was erklärt dann den Umstand, dass beide Zeitpunkte der Veröffentlichung höchst unglücklich waren.
Vielleicht war es einfach Menschlichkeit im Sinne eines “errare humanum est”, wobei es hier wohl weniger um ein Irren als um ein Nicht-Wissen geht “ignoscere humanum est”. Und auch Nicht-Wissen ist menschlich. Sie wussten es einfach nicht, dass bald Ferien sind und jede Schulleitung am Anschlag ist; sie wissen es einfach nicht, dass schon morgen die Zwischeninformationen ausgegeben werden. Und wahrscheinlich wissen sie es schon gar nicht, dass die Grundschullehrer auf 180 sind, weil sie zukünftig mehr arbeiten sollen, aber das ist ja ein ganz anderes Thema.
Aber ist dieses Nicht-Wissen nicht schlimmer als die pure Absicht? Müssen wir dem nicht zugrunde legen, dass unsere ministerialen Kollegen der graue schulische Alltag gar nicht mehr interessiert? Wirft man so einen kleinen Erlass einfach mal so in den Teich des Schulalltags und schaut, was die Kollegen draußen im Lande damit anfangen?
Fragen über Fragen.
Oder wie Tucholsky so schön sagt: “Meine Sorgen möchte ich haben!”
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Man kann nur noch den Kopf schütteln aüber so viel unprofessionelles Arbeiten…
Natürlich wird dieser Erlass so knapp wie möglich verschickt, damit keine Zeit zum Protestieren mehr bleibt Aber was zeigt uns dieses Verhalten? Dass es dem Kumi egal ist, was und wieviel wir arbeiten?
Oder dass sie Angst vor zu viel Protest hatten? Fragen über Fragen…