Schulsozialpädagogen – ein trojanisches Pferd?
Es ging um die Schulsozialpädagogen, die ins bayerische Schulsystem integriert werden sollen. Die Leiter der Schulberatungsstellen in Bayern trafen sich dazu in Dillingen. Mit am Tisch saßen auch Ltd. Ministerialrätin Gürtner, Ministerialrat Zerpies sowie Vertreter des bib, Claudia Haas und Christian Feja, und des Landesverbands bayerischer Schulpsychologen, Jonas Röthlein und Julia Weinzierl. Um das Ergebnis vorweg zu nehmen: Es wird schwierig, die neue Profession unterzubringen. Juristisch ist das auf dem ersten Blick übersichtlich: Unter Art. 60 BayEUG sind sie eingeordnet unter „Sonstiges Personal“. Lehrer sind ihnen gegenüber weisungsbefugt und die Aufsicht über sie hat – natürlich – der Schulleiter.
In einer Präsentation erklärte Frau Gürtner auch noch deren Aufgabe: Die Schulsozialpädagogen sollen präventive Gruppenmaßnahmen durchführen. Sie sollen nicht beraten!
Etwas heftiger wurde eine Diskussion, als Frau Gürtner fragte, ob die Schulberatungsstellen die Pädagogen anleiten oder führen könnten. Konsens herrschte darüber, dass es nötig sei, die Sozpäds an die Hand zu nehmen – wie auch immer; uneinig waren sich die Leiter der Schulberatungsstellen darüber, ob ihre Stellen die dafür nötigen Kapazitäten und Kompetenzen hätten. Problematisch erwies sich jedoch besonders der Umstand, dass es wohl keine andere Stelle im bayerischen Schulsystem gebe, die diese Aufgabe besser bewältigen könne.
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Christian Feja
Es waren und sind Geschenke, die es in sich haben: Das Trojanische Pferd und die Schulsozialpädagogen. Beim einen waren die Geber die griechischen Helden im Kampf gegen die Troer, beim anderen war es der Ministerpräsident Söder, der mal schnell einige hundert Schulsozialpädagogenstellen und um die 30 Schulpsychologenstellen als Wahlgeschenk für besorgte Eltern ins Kultusministerium stellte. Es wurden die Schulpsychologen und Schulsozialpädagogen ausgewählt, weil das für den Wähler verständlich war. Er konnte sich darunter etwas vorstellen. Das war plakativ und sollte werbewirksam sein. Daher tauchen auch wir Beratungslehrer nicht auf. Wenn man “Beratungslehrer” hört, klickt kein Bild auf. Da entstehen nur Fragezeichen! Ist das so was wie ein Verbindungslehrer? Kann man sich von dem auch beraten lassen, wenn das Smartphone spinnt? Dass wir wieder mal nicht beachtet werden, hat viel damit zu tun, dass wir zu unsichtbar sind. Wir müssen das ändern! Vielleicht müssen wir bunter werden und lauter, vielleicht auch unangenehmer! Wir müssen jünger werden und mehr!
Und das trojanische Pferd der Schulsozialpädagogen? Es will nicht so recht durchs Tor passen, weil es so anders ist. Man müsste vieles umbauen. Man weiß nicht, wohin man es stellen soll. Keiner scheint sich so recht zuständig zu fühlen. Und es hat den Anschein, dass auch niemand “Hurra” gerufen hat, als es endlich da war. Dennoch hat es Hoffnungen geweckt, etwa an Grundschulen mit vielen Problemkindern. Endlich ist jemand da, zu dem der Lehrer die Schüler schicken kann, die permanent seinen Unterricht torpedieren. Aber sollen sie dafür das sein? Nein! Ihre Aufgabe ist Prävention in Gruppen. Wahrscheinlich werden da viele Hoffnungen enttäuscht werden. Und wenn sie sich nicht an die Aufgabenbeschreibung halten? Dann könnte es für uns eng werden, denn sie verfügen über eine Ressource, die uns immer fehlt: Sie haben Zeit. Und schon leert sich der Bauch des Pferdes.
Vielleicht sollte man das Trojanische Pferd ja wieder vors Tor stellen und gleichzeitig schauen, ob nicht jemand von der alten und gut ausgebildeten Mannschaft die Aufgaben der Schulsozialpädagogen übernehmen könnte. Wir Beratungslehrer beispielsweise. Warum stattet man uns nicht mit einigen Entlastungsstunden mehr aus? Wir könnten die Aufgaben übernehmen. Wir haben Systemkompetenz, wir wissen Bescheid. Und wir müssten uns nicht langsam an das Schulsystem gewöhnen, das schon so manchem Externen überfordert hat, weil er so vieles unterschätzt hat. Wir hätten auch mehr Erfahrung als Berufsanfänger, die aufgrund der nicht gerade üppigen Bezahlung auf uns zukommen werden. Und wir wäre auch nicht nach fünf Jahren wieder weg, wie das bei den Sozialpädagogen sein wird, weil es in diesem Berufsstand eben so üblich ist. Es wäre eine praktische Lösung.
Ich sehe aber keinen in der Politik, der uns in dieser Position haben will, da die Schlagzeile “Jeder Beratungslehrer erhält fünf Entlastungsstunden mehr für präventive Gruppenmaßnahmen” niemanden interessieren wird. Auch weil wir noch immer zu unsichtbar sind. Mit dem Begriff “Beratunsgslehrer” kann ein Politiker in der Öffentlichkeit nicht punkten.
Die großen Linien werden aber in der Politik gezogen, im Landtag, in den Ausschüssen, in der Staatskanzlei. Das Kultusministerium hat dann oft die Aufgabe, die Beschlüsse in dem schon bestehenden Rahmen umzusetzen. Das ist sicherlich nicht leicht und kann sehr undankbar sein.
Anmerkung: Natürlich können wir uns die Wunden lecken und uns über die ungerechte Welt beklagen. Aber ich befürchte, dass das uns nichts nützen wird, da die Welt nicht auf unsere Klagen gewartet hat. Wir müssen also selbst aktiv werden: Lasst uns sichtbarer werden, damit wir nicht weiter übersehen werden! Denn nach der Wahl ist vor der Wahl.